Welche Themen sind wann wichtig? Und was muss kommunalpolitisch erstmal in der Schublade verschwinden? Warum braucht es besonders jetzt eine gute Öffentlichkeitsarbeit?
Klare Kommunikation und eine gute Priorisierung der Themen ist das A und O in einer Krisensituation. Auch in der Kommunalpolitik. Werden Themen zu früh angegangen oder widersprechen sogar der Linie von Bund und Land, dann kann das schnell Vertrauen bei den Bürger*innen kosten und allgemeine Verunsicherung auslösen. Die Verantwortung der Kommunalpolitk ist auch in der Öffentlichkeitsarbeit enorm.
Wie können Fraktionen jetzt vorgehen?
Kommunalpolitischer Krisenplan: Die drei Phasen der Krise
Mehr denn je gilt es jetzt, Themen zu priorisieren. Aufgaben, die jetzt wichtig sind, spielen im weiteren Verlauf der Krise keine große Rolle mehr. Andersherum sollten Themen jetzt nicht behandelt werden, die erst zum Ende der Krise oder danach wichtig werden.
Kommunalpolitiker*innen sollten daher schauen, was besprochen werden sollte und welche Themen im Moment entweder noch nicht absehbar sind oder sogar zu Kopfschütteln bei der Bevölkerung führen könnten.
Meines Erachtens nach lässt sich der Verlauf der Krise in drei Phasen aufteilen:
Phase 1: Lockdown – Schutzmaßnahmen zur Eindämmung
Phase 2: Improvisation – Leben mit dem Virus
Phase 3: Neustart – Wiederaufbau nach der Krise
Diese drei Phasen geben der Kommunalpolitik den Takt vor. Sie sind dabei nicht hart voneinander abgegrenzt, sondern im Übergang fließend. Schon jetzt in der Phase 1 macht es Sinn, bereits über die Phase 2 intern zu diskutieren und somit die Kommune auf eine Zeit einzurichten, in der wir mit dem Virus leben und umgehen müssen. In Phase 2 wiederum macht es Sinn, die wirtschaftlichen und sozialen Konsequenzen zu behandeln und den Neustart nach der Krise zu diskutieren.
Während die Phase 1 besonders vom Verwaltungshandeln geprägt ist, wird in den Phasen 2 und 3 die Kommunalpolitik stark gefragt sein, um maßgeschneiderte Lösungen für die eigene Kommune zu finden.
Es ist zu erwarten, dass nach der politisch noch ruhigen Phase 1, in der es um die Umsetzung der Maßnahmen geht, vor allem die Phase 3 großen politischen Sprengstoff in sich bergen wird. Das gilt insbesondere für die Aufstellung des Haushalts, aber auch bei Entscheidungen, wie die Kommune wirtschaftlich und sozial wieder auf die Beine kommen kann und welcher Weg dabei eingeschlagen werden soll. Darauf muss sich die Kommunalpolitik vorbereiten. Im Moment ist noch nicht absehbar, welche gesellschaftliche Veränderungen Corona tatsächlich mit sich bringen wird. Klar ist aber, die Welt wird nach der Krise eine andere sein und Lösungen, die 2019 noch funktioniert haben, könnten 2021 völlig aus der Zeit gefallen sein.
Während der Krise gilt es vor allem die wirtschaftliche und soziale Unwuchten zu erkennen und wirksam zu bekämpfen.
Krisenkommunikation in der Kommunalpolitik
In der Krise ist es existentiell wichtig für die Politik, klar zu kommunizieren. Viel stärker als sonst werden sich Fraktionen über das richtige Vorgehen einigen müssen, bevor sie mit ihren individuellen Forderungen an die Presse gehen. Das bedeutet nicht, dass Kritik verboten ist. Sie darf nur nicht durch unbedachtes Handeln in einer Kakophonie enden, die am Ende ein Bild von einer Politik vermittelt, die nicht einmal in der Krise an einem Strang ziehen kann.
Auf der anderen Seite sind auch Kommunalpolitiker*innen als Korrektiv gefragt, denn nicht jede geplante Grundrechtseinschränkung des Bundes oder der Länder ist richtig oder schießt womöglich über das Ziel hinaus, mit gefährlichen Folgen für die Freiheitsrechte. So zog Jens Spahn einen Entwurf zurück, in dem es darum ging, die Bewegungsdaten der Menschen zu verfolgen. Auch in NRW stößt Armin Laschet auf Widerstand gegen die Idee, medizinisches Personal zum Dienst zwangszuverpflichten.
In der Krise ist das Bild einer zerstrittenen Politik gefährlich.
Die Erwartung der Bürger*innen ist groß. Die Politik hat aus ihrer Sicht in dieser Lage den Überblick zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu fällen. Schafft sie es nicht, wird ihr schneller, als ihr lieb ist, das Vertrauen entzogen. Darum gilt es, lieber zweimal nachzudenken und sich anhören, was die anderen denken, als einmal zu viel etwas in die Welt zu setzen, dass Verunsicherung oder auch Wut auslöst. Es wird dazu kommen, dass die Arbeit der Verwaltung und der Fraktionen kritikwürdig wird. Jedoch braucht es jetzt eine sehr hohe Qualität der Kommunikation und des fachlichen Inhalts, wenn kritisiert wird.
Unbedachte Äußerungen und billige Rhetorik können in der Krise sehr schnell zu einem Vertrauensverlust führen.
Die richtigen Themen zur richtigen Zeit
Nicht zuletzt sollte sich jede Fraktion überlegen, welche Themen überhaupt kommuniziert werden können und welche erstmal in die Schublade gehören. Menschen, die ihre Jobs verloren haben, die um das Leben ihrer Großeltern bangen, die mit sozialen und psychischen Problemen aufgrund der Isolation kämpfen, die in die Insolvenz schlittern werden wenig Verständnis dafür aufbringen, wenn die Politik über teure Bauprojekte oder andere Dinge streitet.
Hingegen muss auf der anderen Seite darauf geachtet werden, dass andere Themen nicht vollkommen aus dem Blickfeld fallen. Dazu gehören zum Beispiel die Bereiche Klimaschutz, Digitalisierung, Erhalt der Kultur und Sportvereine, Bezahlung von systemrelevanten Berufen im kommunalen Umfeld, Flüchtlinge, Wohnen usw.
Und eine Anmerkung zum Schluss: Besonders die Katastrophenprävention muss ein wichtiges Thema werden.
Gefordert sind nicht nur gute und aktuelle Krisenpläne in den Kommunen, die fast nirgendwo existieren. Auch die Klimakrise gilt es noch stärker in den Fokus zu nehmen. Die Corona-Krise zeigt, wie verletzlich wir als Menschheit gegenüber der Natur sind und das uns bei einem solchen Katastrophenverlauf kaum eine Technologie helfen kann. Und im Gegensatz zur Corona-Krise wird der Klimawandel einen weitreichenden und vor allem irreversiblen Katastrophenverlauf nehmen, wenn wir die Erderwärmung nicht eindämmen. Die Fähigkeiten, die wir uns jetzt in dieser Krise erarbeiten, sollten auch bei der Bewältigung der Klimakrise einfließen. Dazu gehört auch ein grünes, dekarbonisiertes Konjunkturprogramm, das ausgiebig diskutiert werden muss. Coronakrise und Klimakrise gehören zusammen. Wollen wir diese Pandemie als Chance begreifen, so müssen wir hier genau hinsehen und zeigen, dass auch die Klimakrise mit vereinten Kräften zu bewältigen ist.
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